Rudi Gutendorf
 

Sportmissionar

aus "Deutscher Sportbund Journal" 

Mit den kleinen Fans in Ruanda (alles Waisekinder, die Ihre Eltern beim Massaker 1994 verloren)

 

Es hat Zeiten gegeben, da galt das Gütesiegel „Made in Germany“ uneingeschränkt auch für den Fußball. Da war die teutonische Mischung aus Kraft, Disziplin und Technik Vorbild für die Welt. Deutsches Verständnis vom Spiel mit dem berühmten runden Leder wurde zum Exportschlager, der zwar kein Geld, aber viele Sympathien einbrachte. Rudi Gutendorf betrat diesen Pfad der Entwicklungshilfe als erster. Der Fußball-Lehrer, der heute 60 Jahre alt wird, kann nun mit seinem ganz persönlichen Jubelfest auch ein offizielles Jubiläum feiern. Vor 25 Jahren leistete er nämlich als bundesdeutscher Botschafter im Trainingsanzug Pionierdienste. Tunesien hieß das Land des erfolgreichen Premieren-Einsatzes, für den ihn Staatspräsident Bourgiba persönlich mit einer wertvollen goldenen Uhr belohnte.

Vom Duft der großen weiten Welt ist er seither immer wieder umfächelt worden. Die etwa 30 Stationen des Rudi Gutendorf als Trainer und verständnisvoller Förderer oder behutsamer Lenker der sportlichen Ambitionen seiner Gastgeber reichen von Arusha am Kilimandscharo über Antigua in der Karibik, Cocha. Bamba in Bolivien, Katmandu in Nepal bis zu den Tonga-Inseln in der Südsee, wo er vom ebenso schergewichtigen wie fußballverrückten König in Privataudienz empfangen wurde. Solche exotischen Streiflichter haben natürlich das Gesamtbild seiner Karriere immer wieder in neuen Farben schillern lassen. Der auf ihn gemünzte „Paradiesvogel“ als Attribut der leichten, lockeren und weltläufigen Lebensart erhielt stets neue Nahrung. Stipvisiten in der Heimat, oft verbunden mit spektakulären Feuerwehreinsätzen bei drohenden Bundesliga-Katastrophen, bescherten ihn wechselweise die Namensbeigaben Rudi Ratlos oder Rudi Rastlos.

Das alles hat sein Image in der Öffentlichkeit hierzulande angekratzt. Was aber bewirkten solche Schrammen gegen die Politur, die weltweit begeisterte Fußballer und dankbare Staatsoberhäupter auftrugen? Rudi Gutendorf steht jedenfalls an der Spitze von inzwischen rund 2200 bundesdeutschen Fachkräften, die im letzten Vierteljahrhundert sportliche Entwicklungshilfe in 80 Ländern der Erde leisteten. Das Spektrum der Unterstützung reicht mittlerweile von Schulsport über die unterschiedlichsten Sportarten bis zur Wissenschaft. 150 Millionen Mark ließen die wechselnden Bundesregierungen in diese Kanäle fließen – eine gemessen an der Wirkung wohl eher bescheidene Summe. Der Fußballexport Made in Germany musste im Laufe der Zeit zweifellos qualitätsbedingte Einbußen hinnehmen. Sein erster Interpret aber bleibt auch nach 25 Jahren gefragt wie eh und je, Trainer-Karriere: Rudi Gutendorf ist längst ein von deutscher Kicker-Konjunktur unabhängiger Sportmissionar.

Tomazania - Dar es Salaam 1982

 

Mit Sohn Fabian